Wirkerei [1]

[939] Wirkerei. Das Wirken bildet mit dem Stricken und Häkeln die »Maschenarbeiten«; dieselben liefern durch Verbindung von Fäden miteinander die Maschenwaren oder elastischen Waren, im Gegensatze zu dem Weben, Flechten, Klöppeln und Knüpfen, welche Arbeiten im wesentlichen unelastische Waren herstellen.

Allgemeines. Masche nennt man die viermal aus ihrer Richtung abgebogene Fadenlage a, b, c, Fig. 9, welche von einer dergleichen Fadenlage d gehalten wird. Die Masche kann entweder offen wie Fig. 9 oder gekreuzt sein wie Fig. 10. Eine der Masche a, b, c gleiche oder ähnliche Fadenlage, welche aber nicht von einer andern, d, gehalten wird, nennt- man eine Schleife oder einen Henkel.

Das Stricken und Häkeln stellt diese Maschen einzeln her dadurch, daß der Faden mit einem glatten Stäbchen s, Fig. 1, der Stricknadel, oder mit einem Haken h, Fig. 2, der Häkelnadel, in Schleifenform als neue Masche a durch eine alte, b, hindurchgezogen wird.

Das Wirken, welches aus dem Häkeln und Stricken hervorgegangen ist, beschleunigt diese Arbeit, indem es sämtliche Maschen einer ganzen horizontalen Reihe der Ware zusammen vorbereitet und vollendet. Hierzu verwendet die Wirkerei eine Reihe Nadeln n, Fig. 3 und 4, in gleicher Anzahl mit den in einer Reihe liegenden Maschen und zwischen diesen Nadeln, beweglich hängend, hakenförmige Blechstreifen p, Platinen genannt. Die Haken- oder Spitzen- oder Preß- oder Wirkstuhlnadeln n haben an einem Ende einen langen elastischen Haken und unter dessen Spitze im Schafte eine Rinne, Zasche genannt, Fig. 15, in welche durch Niederdrücken des HakensPressen« der Nadel) die Spitze desselben eingesenkt wird, wenn eine auf der Nadel hängende Masche von ihr abgeschoben werden soll. Den festen Anfangsrand eines Warenstückes bildet der Wirker durch Umwickeln der Nadeln mit gekreuzten Schleifen m, Fig. 4 (das »Anschlagen« ), welche die Stelle der ersten Maschenreihe vertreten. Zur Herstellung einer neuen Maschenreihe wird nun die vorhergehende, m, von den Platinen in deren Ausschnitten oder Kehlen festgehalten (das »Einschließen«), der Faden f, Fig. 3 und 4, wird unter den vorderen Platinennasen auf die Nadelreihe gelegt und durch Senken der Platinen nach und nach zu Schleifen s, Fig. 5, zwischen die Nadeln eingedrückt (das »Kulieren«); die Platinen p führen dann sämtliche Schleifen s gleichzeitig vor in die Nadelhaken, halten aber die alten Maschen m hinter den Hakenspitzen und, nachdem eine Schiene r, die Presse, alle Haken[939] niedergedrückt und geschlossen hat, schieben die Platinen die alten Maschen m auf die Haken, Fig. 6, und endlich, nach Entfernen von r, gänzlich von den Nadeln ab, so daß die alten Maschen in den neuen Schleifen s hängen bleiben, welche nun die neue Maschenreihe bilden. Von der Herstellung der Schleifen s (dem Kulieren, nach dem französischen Ausdruck »cueillir« gebildet) hat diese Art der Wirkerei den ihr ist später die Nadeln Kulierwirkerei erhalten. Aus Kettenwirkerei in folgender Weise entstanden: Man verwendet nicht immer einen einzigen Faden, welcher über die ganze Reihenbreite gelegt wird, sondern kann mehrere Fäden nebeneinander und jeden über nur einen Teil der Nadelreihe dergestalt legen, daß je zwei derselben an den Grenzstellen gemeinsam auf mehreren Nadeln liegen; die Anzahl dieser Fäden ist zu vermehren und die Weite ihrer Legung zu vermindern, und die Grenze dieses Verfahrens wird dann erreicht sein, wenn man ebensoviele Fäden wie Nadeln hat und jeden Faden über nur eine Nadel legt (Fig. 10). Dann ist ein Kulieren nicht mehr nötig, die Schleifen entstehen durch »Legen« der Fäden auf die Nadeln; die Platinen enthalten dann auch nicht mehr die vorderen Kuliernasen, aber die Fäden müssen einzeln durch Führer k, Fig. 7 und 8, geführt und bewegt werden, und die sämtlichen Führer oder Lochnadeln k, in einer Schiene k1 festgehalten, bilden die sogenannten Kettenmaschine (auch »Leiter« genannt). Von der großen Fadenmenge, der »Kette«, hat diese Art der Wirkerei den Namen »Kettenwirkerei« erhalten. Die einfachste Kulierware hat hiernach eine Fadenverbindung wie Fig. 9 und die einfachste Kettenware eine solche, wie Fig. 10 sie darstellt; beide Arten zeigen die charakteristischen Maschenformen der gewirkten Waren oder »Gewirke«.

Handkulierstuhl. Die zur Maschenbildung dienenden Elementarstücke: die Nadeln, Platinen und Presse, sind auf einem Gestell, Fig. 11, welches zugleich eine Sitzbank X für den Arbeiter enthält, so angebracht, daß der Arbeiter die erforderlichen Bewegungen mit den Händen und Füßen einleiten kann. Das gibt die Handwirkmaschine, welche 1589 erfunden wurde (Wirkstuhl, Handkulierstuhl, Handstrumpfstuhl genannt). Die Nadeln n1 (Fig. 11) liegen fest auf der Nadelbarre Q; sie sind an einem Ende einzeln oder zu je zweien oder dreien mit einem hakenförmigen Stücke aus Blei und Zinn umgossen, das Blei genannt (vgl. Fig. 3 und 11), und werden durch Deckplatten auf Q festgeklemmt. Zwischen den Nadeln hängen die Platinen F an Hebeln F und G, den Schwingen oder Unden, welche um die Achse E, Rute genannt, drehbar sind. Zum Kulieren der Schleifen werden die Schwingen an den hinteren Enden emporgedrückt, also an den vorderen mit den Platinen gesenkt. Bestehen die Schwingen und die meisten Stuhlteile außer dem Untergestell aus Eisen, so verwendet man zum Kulieren ein keilförmiges Stahlstück R2, Fig. 12, das unter den Schwingenenden auf einer Stange entlang gezogen wird (das Roß, Rößchen, Rößchenstuhl oder eiserner Stuhl). Bestehen aber die Schwingen und die meisten übrigen Stuhlteile aus Holz, so benutzt man zum Kulieren eine Walze oder Trommel T, Fig. 11, die drehbar unter den hinteren Schwingenenden liegt und auf ihrem Umfange für jede Schwinge ein Keilstück enthält; diese Keilstücke und gegeneinander in einer Schraubenlinie versetzt, um die Trommel verteilt und auf ihr befestigt, sie bilden den Zahn- oder Wellkranz T1. Die Schwingen liegen mit ihrem Lagerstabe E in einem Wagen D, D, S, welcher an die Stange L angehängt ist; letztere hängt an den beweglichen Hängarmen oder Werkarmen B, H, die der Arbeiter mit der Hand bewegt. Durch Zugverbindungen mit den Fußtritthebeln, den Schemeln oder Tritten r, q, n, o kann der Arbeiter mit den Füßen die oberen Maschinenteile bewegen, also die Walze T drehen, die Werkarme B, die Presse P und Schwingenpresse K herabziehen. Beim Kulieren fallen die vorderen Schwingenenden auf eine Schiene V (Mühleisen oder Steg), welche durch Schrauben s verstellt werden kann zur Veränderung der Schleifenlänge und Herstellung fester oder lockerer Ware. Enthält ein Stuhl nur die an den Schwingen hängenden Kulier- oder fallenden [940] Platinen F, so bildet er beim Kulieren Schleifen über jede einzelne Nadel und heißt einnädlig oder ein Einnadelstuhl; in einem solchen ist die Stärke einer Schwinge gleich der Mittelentfernung zweier Nadeln oder der Nadelteilung, und sie wird bei seinen Stühlen sehr klein. Man hat deshalb jede zweite oder auch jede dritte Platine als stehende Platine angeordnet, welche an der Schiene L, dem Platinenbaum (Platinenbarre), hängt; die Stühle kulieren dann Schleifen über je zwei oder auch drei Nadeln und heißen Zweinadel- oder Dreinadelstühle. Durch Heben der fallenden und Senken aller stehenden Platinen werden nachträglich die Schleifen auf die einzelnen Nadeln verteilt (das Partagieren).

Handkettenstuhl. Von diesem Handkulierstuhle ist der Handkettenstuhl, welcher etwa 1775 erfunden worden sein mag (Fig. 13 zeigt dessen Werk), insofern verschieden, als er keinen Kulierapparat und keine fallenden Platinen, dagegen zur Führung der vielen Kettenfäden die Reihe der Fadenführer e (Lochnadeln), auf der Schiene D befestigt (Kettenmaschine), enthält. Sonst finden sich in diesem Stuhle dieselben Teile vor, wie im Kulierstuhle: Nadeln d, stehende Platinen c ohne Kuliernase, oben an der Platinenbarre L und unten in der Platinenschachtel b1 hängend, welche beide Teile an Hängarmen B H befestigt sind, die von Streckarmen A B herabhängen. Die Kettenmaschine D steht mit Füßen E auf der Stange G, welche von Hebeln K, J, J1 getragen und durch einen Fußtritthebel gehoben und gelenkt wird. Ein Stirnrädchen h, gedreht vom Arbeiter mit der Hand an i (das Handgetriebe), verschiebt die Zahnstange n, welche durch k und l die Maschine seitlich mit fortnimmt. Durch eine Kerbenscheibe i1 und eine in deren Kerben einfallende Feder wird die Verschiebung auf je eine Nadelteilung genau abgemessen. Eine Feder r zieht durch r1 die Kettenmaschine unter und zwischen die Stuhlnadeln d, während sie ihre Fäden in die Nadelreihe zu legen hat; ein Winkelhebel s, bewegt durch die Streckarme A B, treibt durch den Riegel t (Vortreiber) die Maschine beim Ausarbeiten der Reihe wieder vor die Stuhlnadeln hinaus. Die Kettenfäden u werden von einem Kettenbäume R über eine Spannrolle O nach den Lochnadeln e und Stuhlnadeln d geführt. Die Rolle O liegt in einem beweglichen Rahmen, dem Spannkreuze, welches die Spannung der Fäden und damit die Warendichte bestimmt, dessen Wirkung auch durch angehängte Gewichte verändert werden kann. Der Baum R wird durch Rad Y und Klinke W festgehalten; während des Arbeitens verkürzen sich aber die über O liegenden Fadenfalten und ziehen das Spannkreuz näher an den Stuhl heran, bis es mit T den Schieber K verschiebt und den Haken W von Y entfernt. Dann dreht sich der Baum, er gibt Faden ab und die Spannrolle O fällt wieder zurück, W aber rückt in die Zähne von Y ein und hält den Baum fest. Die Ware w wird auf einen Kettenbaum S aufgewunden, dessen Drehung eure umgewickelte Schnur mit Fallgewicht bewirkt.

Die Preßnadel durch andre Nadelformen zu ersetzen, ist nur mit der Erfindung der Zungennadel, Fig. 14, gelungen, deren Haken von einem drehbaren Arm c, der Zunge, unter Einwirkung der Masche selbst geschlossen und geöffnet wird (nur in mechanischen Wirkmaschinen verwendet).

Erzeugnisse. Die auf den Wirkmaschinen gearbeiteten Waren sind als Gebrauchsgegenstände entweder reguläre Waren, deren Teile während des Wirkens ihre richtigen Formen erhalten, feste Ränder haben und beim Zusammennähen die wenigst merklichen Nähte ergeben, oder geschnittene Waren, deren Teile aus gewirkten Stoffstücken geschnitten werden, die also in den Rändern zerschnittene Maschen haben und deshalb beim Nähen wulstige Nähte erhalten. Die Form eines regulären Stückes entsteht durch Vermindern (Mindern, Abnehmen, Decken) oder Vermehren (Erweitern, Zunehmen, Ausdecken) seiner Reihenbreite. Dabei werden mehrere Randmaschen von ihren Nadeln abgenommen (abgedeckt) und um eine Masche oder zwei nach innen oder außen wieder auf die Nadeln aufgehängt (aufgedeckt). Man benutzt hierzu entweder ein Drahthäkchen, die Mindernadel, oder mehrere in einem Handgriff (Decker) befestigte Decknadeln a, Fig. 15, deren jede mit langer Rinne b einen Nadelhaken überdeckt und mit ihrer Spitze c in die Rinne der Stuhlnadel eingesenkt wird, so daß leicht eine Masche von der einen auf die andre Nadel geschoben werden kann. Zur Erlangung der richtigen Gestalt geschnittener Gegenstände benutzt man Druckformen oder auch Schneidformen (Schnitte), in welch letzteren die Drucklinien durch Messer angegeben werden, auf die man mehrere Stoffstücke legt, worauf man das Ganze in einer Presse zusammendrückt.

Nach Art der Fadenverbindung zerfallen die Wirkwaren in Kulierwaren und Kettenwaren; erstere sind diejenigen, in denen ein Faden gewöhnlich alle Maschen einer Reihe, mindestens aber mehr als zwei Maschen nebeneinander bildet und letztere diejenigen, in denen ein Faden gewöhnlich nur eine Masche in einer Reihe, höchstens aber zwei derselben herstellt. In beiden Sorten nennt man diejenigen, gewöhnlich halbkreisförmigen Fadenlagen b, d, Fig. 9 und 10, welche am Stuhle auf einer Nadel gehangen haben, die Nadelmaschen und diejenigen gebogenen oder geradgestreckten Fadenlagen a, c, welche unter oder vor einer Platine[941] gehangen haben, die Platinenmaschen. Nach der Maschenlänge unterscheidet man lockere Ware mit langen und feste oder dichte Ware mit kurzen Maschen; nach der Fadenstärke im Verhältnis zur Maschengröße unterscheidet man hungrige oder gezwungene Ware, wenn ein seiner Faden auf einem starken Stuhle, volle Ware, wenn ein starker, aus vielen seinen Fäden duplierter Faden auf einem seinen Stuhle verarbeitet worden ist, und geschlossene Ware, wenn der Stuhlstärke entsprechend die richtige Garnstärke verwendet worden ist. Die Kulierwaren sind entweder glatt oder gemustert. Glatte Kulierware ist diejenige, welche mit den Elementarstücken des Wirkstuhles gearbeitet werden kann und in welcher die halbkreisförmigen Nadel- und Platinenmaschen b, a auf der Rückseite (Fig. 9) und die geraden Seitenteile der Maschen auf der Vorderseite oben aufliegen. In ihr können Unterbrechungen der Gleichförmigkeit nur durch Verwendung verschiedenfarbiger Fäden hergestellt werden (Farbmuster).

Gemusterte Kulierwaren oder Wirkmuster entstehen durch Umwandlung der glatten Ware, entweder an einzelnen Stellen oder durchaus; es werden entweder Nadelmaschen oder Platinenmaschen verändert, nach oder während je einer Reihenbildung und dazu sind am Stuhle außer seinen Elementarstücken noch besondere Apparate erforderlich, welche man allgemein Maschinen nennt. Es sind fünf Gruppen solcher Wirkmuster zu unterscheiden:

1. Die Rechtsundrechtsmuster entstehen, indem man die Platinenmaschen der glatten Ware auch in Nadelmaschen umwandelt, welche entgegengesetzt zu den glatten Maschen liegen. In einer kulierten Schleifenreihe a, b, Fig. 16, werden von den Nadelschleifen a auf den gewöhnlichen Stuhlnadeln s die gewöhnlichen glatten Maschen durch Pressen und Abschlagen der alten Maschen c gearbeitet; der Stuhl enthält aber noch eine Nadelreihe m, die Maschinennadeln, welche die Platinenschleifen b erfassen und aus ihnen durch Pressen und Abschlagen ihrer alten Maschen d wiederum Nadelmaschen d bilden, die Maschinenmaschen, welche zwischen den auf s gearbeiteten Stuhlmaschen stehen und dem Arbeiter die Rechtsseite zukehren, während die Stuhlmaschen ihre Linksseite nach ihm hin gerichtet haben. Die hierdurch entstehende Ware enthält also, wie Fig. 17 zeigt, auf jeder Seite Rechts- und auch Linksmaschen, sie ist aber wegen der mehrfachen Fadenbiegung sehr elastisch und ihre Maschen rücken so dicht aneinander, daß, wenn die Ware nicht ausgespannt wird, jede Seite von ihr wie die rechte oder Vorderseite der glatten Ware aussieht. Das einfachste Rechtsundrechtsmuster ist die in Fig. 17 im ausgespannten Zustande gezeichnete Ränderware, und zwar der Einsundeinsrand, weil in dieser Ware je ein Stuhlmaschenstäbchen s, linksseitig, mit einem Maschinenmaschenstäbchen m, rechtsseitig liegend, abwechselt. Tritt der Wechsel nach mehreren Maschen ein (zwei und zwei u.s.w.), so erhält man die Patentränderware. Hiernach heißt die zweite Nadelreihe m, Fig. 18, auch wohl die Rändermaschine und der ganze Stuhl dann ein Ränderstuhl oder bei andern Maschenformen Fangstuhl, Linksmaschine u.s.w.

2. Die Preßmuster entstehen in der Weise, daß bei der Herstellung einer Reihe einzelne Nadeln nicht gepreßt werden. Auf einer solchen Nadel kommt die alte Masche m, Fig. 18, mit der neuen Schleife s zusammen und beide bilden eine Doppelmasche m, s, Fig. 19. Da in derselben die Fadenlänge der Schleife kürzer ist als diejenige einer Masche, so gibt die Schleife s Faden ab auf die beiden Nachbarmaschen n, welche dadurch sehr breit werden und dann auf der Warenvorderseite besonders hervortreten. Es liegt ferner die Schleife s immer, auf der Warenrückseite, ihr Faden wird an dieser Stelle auf der Vorderseite nicht gesehen und deshalb bilden die Preßmuster zugleich ein Mittel zur Herstellung von Farbmustern. Die zur Herstellung der Preßmuster nötige Vorrichtung, die Preßmaschine, besteht in einer Schiene b, Fig. 18, deren untere Kante zahnförmig ausgeschnitten ist und welche an der Presse p des Stuhles verschiebbar befestigt ist, so daß sie seitlich verrückt und auch über die Unterkante von p emporgezogen werden kann (Musterpresse, Preßblech, Blechmaschine).

3. Die Petinet- oder Stechmaschinenmuster, auch à-jour-Ware genannt, entstehen in der Weise, daß in einer Reihe einzelne Maschen a, Fig. 20, von ihren Nadeln abgenommen und auf Nachbarnadeln gehängt werden, a1; auf der leergewordenen Nadel bildet sich in der nächsten Reihe eine Schleife b und unter ihr eine Durchbrechung oder Oeffnung in der Ware; diese Oeffnungen setzt man zu Linien einer Zeichnung zusammen. Auch die auf leeren Nadeln entstandenen Schleifen können auf Nachbarnadeln fortgehängt (fortgedeckt) werden.

4. Die Wertmuster oder eingebrochenen Muster entstehen nach Beendigung je einer Maschenreihe durch Forthängen einzelner halben Nadelmaschen auf die Nachbarnadel. Die beiden Maschen a und b, Fig. 21, werden dadurch eng aneinandergezogen, und bei c entsteht eine etwas breitere Lücke als sonst in der Ware. Es werden nach diesem Verfahren nur noch bisweilen Zeichen in Gegenstände eingewirkt; dagegen ist am Rundwirkstuhl eine Vorrichtung erfunden worden, durch welche während der Stuhldrehung Maschen zur Hälfte übergehängt werden, so daß eine eigentümliche Fadenverbindung, die Werfmusterware, entsteht.

5. Die Deckmaschinenmuster oder Deckmuster werden wiederum durch eine Umwandlung der Platinenmaschen gebildet. In sehr lockerer oder langkulierter Ware kann man einzelne Platinenmaschen a, Fig. 22, auf eine oder mehrere der nächstliegenden Stuhlnadeln[942] aufhängen oder aufdecken (a1, a2). Es werden dadurch entweder Oeffnungen in der Ware hervorgebracht oder auch Maschen aneinandergezogen und zusammengedrängt, so daß einzelne Warenstücke aus der Fläche der Ware als Erhöhungen hervortreten. Die hierzu verwendete Vorrichtung, Deckmaschine genannt, enthält Decknadeln z, e, Fig. 23 und 24, welche verschieden breit sein und eine Platinenmasche auf eine Nadel oder mehrere Stuhlnadeln aufhängen können: Einnadeldecker e, Zweinadeldecker z u.s.w.; zwei schmale Nadeln e, an den Spitzen zusammengebogen und unten weit auseinander stehend, können Dreinadel- und Viernadeldecker bilden.

Die Kettenwaren sind zum weitaus größten Teile glatte Waren, d.h. also solche, welche mit dem Wirkstühle allein, ohne Hilfe einer Mustermaschine (Ränder- oder Preßmaschine u.s.w.) gearbeitet werden. Nur auf mechanischen Kettenstühlen werden Rechtsundrechtsmuster (Fangkettenwaren) in sehr geringen Mengen gewirkt. Als einfachste Kettenware kann die in Fig. 10 gezeichnete (halber einfacher Trikot) angesehen werden. Da in derselben alle Maschen einer Reihe ganz gleiche Fadenlagen enthalten, so ist nur eine Kettenmaschine dazu verwendet worden; dieselbe hat jeden Faden in folgender Weise bewegt und in die Nadelreihe gelegt: Nachdem z.B. eine Reihe beendet ist, hängt der Faden der Masche 1 Fig. 10 rechts von der Nadel dieser Masche herab und wird etwa bei 2 in seiner Lochnadel geführt. Zur Schleifenbildung für die nächste Reihe bewegt sich nun die Kettenmaschine von 2 bis 3 unter einer Nadel nach links hin, dann empor und über eine Nadel, 3 bis 4, nach links, worauf sie bis 5 herabfällt – damit ist eine Legung vollendet, d.h. es sind alle Fäden als Schleifen über die Stuhlnadeln gelegt worden. Für die zweite Reihe geht die Maschine von 5 bis 6 unter eine Nadel nach rechts, dann von 6 bis 7 empor und über eine Nadel nach rechts, worauf sie bis 8 herabfällt; sie hat dann den ersten Stand von 2 wieder erreicht und derselbe Legungsumfang wiederholt sich. Man zeichnet diesen kurz in der Weise von Fig. 25 und gibt mit dieser einfachen Legung zugleich bis zu einem gewissen Grade ein Bild der Ware oder ihrer Fadenverbindung. Es ist üblich, eine solche Legung kurz nach Größe und Richtung zu benennen: die obige, Fig. 25, würde man also bezeichnen mit »unter 1, über 1 nach links und rechts« oder mit »unter 1, über 1 und zurück«. Da man die Legung vielfach verändern kann, so ist die Mannigfaltigkeit der mit einer Kettenmaschine und vollen Fäden zu arbeitenden Waren sehr groß. Man kann z.B. längere Platinenmaschen bilden, also wie in Fig. 26 »unter 2, über 1 und zurück« legen oder man kann mehrere Male nach einer Seite hin fortlegen und dann umkehren u.s.w.

Die Anzahl der verschiedenartigen Legungen und Waren wird noch vielfach vermehrt durch Verwendung von zwei oder mehr Maschinen, welche wie o und u in Fig. 27 untereinander liegen und entweder durch Handgetriebe oder selbsttätig von andern Stuhlteilen durch Selbstgetriebe seitlich bewegt werden. Der einfachste Fall hierfür würde der sein, daß zwei Maschinen gleich aber entgegengesetzt gerichtet ihre Fäden legen und jede Maschine volle Fäden enthält. Dann entsteht nach der Legung Fig. 25 die doppelte Ware von Fig. 10, der sogenannte einfache Trikot, Fig. 28, oder nach der Legung Fig. 26 der Doppeltrikot, ferner aus der Verbindung von Fig. 25 für die obere und Fig. 26 für die untere Maschine der Halbtrikot u.s.w. Mit besonders eingerichteten mechanischen Kettenstühlen (s. unten) wird seit wenigen Jahrzehnten die bekannte Milanes- oder Diagonalware (ein Atlas ohne Umkehrreihen) gewirkt.

Die bisher erwähnten Kettenwaren sind dichte Waren, im Gegensatze zu durchbrochenen Kettenwaren, welche man allgemein Filet nennt: erstere sind solche, in denen die nebeneinander liegenden Maschen seitliche Verbindung miteinander haben, letztere solche, in denen diese Verbindung an manchen Stellen fehlt. Man kann solche Filetwaren in sehr verschiedener Weise wirken, z.B. mit einer Kettenmaschine und halben Fäden, d.h. es ist eine Nadel um die andre mit einem Kettenfaden bezogen, nach Fig. 29, wenn jeder Faden über zwei Nadeln gelegt und beim Abschlagen von den Platinen zwischen den Nadeln nach vorn gedrückt wird, so daß er zwei Maschen in einer Reihe nebeneinander bildet, oder mit zwei Kettenmaschinen, deren jede halbe Fäden enthält und welche nach Fig. 30 (sogenannter gewöhnlicher Filet) entgegengesetzt zueinander den zweireihigen Atlas legen, oder nach Fig. 31 (Schußfilet) derart, daß eine Maschine mit ihren Fäden Maschenstäbchen bildet und die andre ihre Fäden in diese Maschen einhängt.

Mechanische Wirkstühle oder selbsttätig arbeitende Wirkmaschinen hat man schon im 18. Jahrhundert zu bauen versucht, zunächst nur Kulierstühle und in der Weise, daß man dem Handrößchenstuhle im Untergestell eine Triebwelle einlegte, auf derselben unrunde Scheiben oder Exzenter befestigte und mit diesen die oberen arbeitenden Stuhlteile durch Hebel und Zugstangen verband, so daß während einer Umdrehung der Welle alle diese Teile in richtiger Reihenfolge bewegt wurden und eine Maschenreihe bildeten. Es konnte aber mit diesen Maschinen nicht gute reguläre Ware hergestellt werden und sie konnten auch als flache Maschinen nicht schneller als der Handstuhl arbeiten, weil, wie in letzterem, alle Arbeiten einer Reihenbildung[943] aufeinander warten mußten. Die Erwägungen zur Vermeidung des letzteren Uebelstandes führten zum Baue der runden Wirkstühle oder Rundstühle und zwar zunächst der französischen Rundstühle, d.h. derjenigen, in denen die Nadeln horizontal und radial gerichtet in einem Kreisringe liegen; dieser Nadelkranz ist um eine lotrechte Achse drehbar, und die Nadeln bewegen sich der Reihe nach an den übrigen bei der Maschenbildung tätigen Teilen vorbei. Diese Teile: Fadenführer, Kulierapparat, Presse u.s.w. sind also fortwährend tätig, der Stuhl liefert folglich, wenn er diese Teile nur einmal enthält, doppelt so viel wie der flache Stuhl, in welchem das Kulieren und das Ausarbeiten der Reihe je die halbe Zeit einer Reihenbildung allein beansprucht. Fig. 32 und 33 geben seine hauptsächliche Einrichtung an: die Achse a hängt von einem Traggestell lotrecht herab; sie trägt den drehbaren Nadelkranz (Tambour) b und die festliegende Scheibe c. Durch Zahnräder d, e wird der Nadelkranz von einer Welle f umgedreht. Die Platinen sind geteilt in Abschlagplatinen g und Kulierplatinen h, erstere stehen ringsum zwischen den Nadeln auf einem Tragreifen des Nadelkranzes, letztere sind nur an der Stelle des Stuhles angebracht, an welcher der Faden zugeführt wird; sie kulieren diesen und ziehen seine Schleifen vor in die Nadelhaken. Die Kulierplatinen bilden Zähne eines Rades m (Kulierrad, Mailleuse), welches vom Nadelkranze b um seine Achse m gedreht wird, sie sind in demselben radial und auch in ihrer Längsrichtung beweglich und werden geführt an einer Scheibe i (Deckelexzenter), in Schlitzen der Scheiben m und durch das Kulierexzenter oder Rößchen k. Als Presse dient eine Scheibe l (Preßrad) und zum Auftragen und Abschlagen der Maschen werden die Abschlagplatinen g mit der Ware durch Exzenterstück u vorwärts, zum Einschließen aber durch Streicheisen o1 oder gezahnte Scheiben o (Einschließräder) wieder rückwärts geschoben. Der Teil des Stuhlumfanges vom Fadenführer p ab bis zum Abschlagrade r, welcher alle zur Maschenbildung erforderlichen Teile enthält, bildet eine Arbeitsstelle oder ein System des Stuhles. Jede Nadel, welche von p bis r fortgedreht worden ist, hat eine neue Masche erhalten. Je nach dem Umfange kann der Stuhl mehrere Systeme enthalten und mit mehreren Fäden bei einer Umdrehung mehrere Maschenreihen arbeiten.

Rundstühle arbeiten glatte Waren einfach und mit Futterdecken, von Wirkmustern namentlich Preßmuster unter Verwendung von Preßscheiben oder Preßrädern, welche am Umfange Zähne und Lücken enthalten, und da bei mehreren Systemen die Räder sich ergänzen, so können Muster von verhältnismäßig großem Umfange gewirkt werden. Weiter sind Rundstühle zur Herstellung von Rechtsundrechtsmustern, Petinet-, Werf- und Deckmaschinenmustern eingerichtet worden.

Da man französische Rundstühle (ihrer Größe wegen auch Sackstühle genannt) ihrer Zusammensetzung nach nicht von so kleinem Durchmesser bauen kann, daß sie enge Warenzylinder, Schläuche von nur 5–6 cm Weite, arbeiten und auch dahingehende Versuche, die Nadeln mit den Köpfen nach innen gewendet zu legen und den Stuhl als einen Hohlzylinder zu formen, nicht befriedigten, so entstanden ungefähr um das Jahr 1849 die englischen Rundstühle, welche die Nadeln lotrecht auf einer Kreislinie stehend enthalten, im übrigen aber im allgemeinen dieselbe Einrichtung und Wirkungsweise haben wie die französischen Rundstühle. Die Nadeln dieser englischen Stühle stehen parallel zueinander, während diejenigen der französischen Rundstühle wegen ihrer radialen Lage innen eng und außen weit auseinander liegen, welch letzterer Umstand viele Mißverständnisse in der Feinheitsbezeichnung herbeiführt. Die Fig. 34 und 35 zeigen die Einrichtung eines kleinen englischen Rundstuhles (gewöhnlich Schlauchstuhl genannt): Eine feste Achse a steht vom Gestell c1 nach oben und trägt den drehbaren Nadelkranz b mit den Nadeln h und die feste Scheibe c. Durch Räder d e wird der Nadelkranz von einer Welle f umgedreht und seine Nadeln laufen in der Richtung x an den übrigen zur Maschenbildung dienenden Teilen vorbei, welche teils von der seiten Scheibe c, teils vom Gestelltisch c1 getragen werden. Der Fadenführer p leitet den Faden an die Nadelreihe, wo ihn die Platinen der Mailleuse m erraffen und kulieren. Als Mailleusen oder Kulierräder verwendet man hier nur solche mit feststehenden Zähnen oder Platinen (englische Mailleusen oder Flügelräder); t stehen geneigt gegen die Nadeln, da sie die[944] kulierten Schleifen auch empor unter die Nadelhaken zu schieben haben. Ein zweites, dem ersten ähnliches Rad m1 (Verteilungsrad) unterstützt das erstere, indem es die kulierten Schleifen nochmals gegen die Nadeln drückt und emporschiebt. Ein Streicheisen o hält die Ware w, welche nach oben abgezogen wird, während des Kulierens tief unten an den Nadeln in der Einschließstellung und läßt sie erst beim Preßrad l frei nach oben gleiten zum Auftragen der Maschen, welche Arbeit ein Auftragrad n unterstützt, worauf das Abschlagrad n1 die alten Maschen von den Nadeln nach oben hin abschiebt. Nachdem der Stabs y die Maschen nach innen zurückgedrängt hat, wird die Ware durch o wieder eingeschlossen. In kleinen Stühlen erfüllen diese Teile den ganzen Umfang, es gibt aber auch große englische Rundstühle (Sackstühle), welche viele Systeme enthalten. Man hat weiter versucht, die Nadeln lotrecht einzeln beweglich anzuordnen, um die Anzahl der Systeme zu vermehren; für gewöhnliche Preßnadeln ist das indessen unausführbar, sie erleiden seitliche Verbiegungen beim Pressen, dagegen sind Zungennadeln in diesem Falle sehr passend zu verwenden und sie ermöglichen den Bau solcher Rundstühle bis zu sehr großer Anzahl (48) von Systemen. Als Wirkmuster arbeitet man an englischen Rundstühlen nur Preßmuster und Rechtsundrechtsmuster; im letzteren Falle werden fast ausnahmslos Stühle mit einzeln beweglichen Zungennadeln verwendet, denen man eine zweite Reihe wieder einzeln beweglicher Zungennadeln, horizontal liegend, hinzufügt. Die Arbeitsgeschwindigkeit aller Rundstühle, d.i. die Länge der Maschenreihe, welche ein System des Stuhles in einer Sekunde liefert (also auch die Umfangsgeschwindigkeit des Nadelkranzes) beträgt für glatte Ware 500–600 mm und für Ränderware 200–300 mm.

Während der Weiterentwicklung der runden Wirkstühle wurden auch die flachen mechanischen Stühle vervollkommnet; es entstanden zunächst halbmechanische Stühle (rotaries), das sind solche, welche wohl die Maschenreihen, durch Elementarkraft getrieben, arbeiteten, für das Mindern aber ausgerückt wurden, worauf der Arbeiter mit einer Handmindermaschine, wie sie auch der Handstuhl enthält, die Randmaschen des Warenstückes von den Nadeln abhob und nach innen forthängte. Erst im Jahre 1857 entstand Luke Bartons selbsttätige, mindernde, mechanische Wirkmaschine mit vier oder sechs Strumpflängen Breite, 1863 der Pagetstuhl als Einlängenstuhl, der außerordentliche Verbreitung erlangte, und 1868 der Cottonstuhl mit vielen Strumpflängen (bis 24) in der Breite, der jetzt in großen Fabriken zumeist anzutreffen ist. Er enthält lotrecht stehende Nadeln auf beweglicher Nadelbarre, die auch in allen andern Maschinen als vorteilhafteste Anordnung sich gezeigt hatte; die Triebwelle liegt tief unten im Gestell, wodurch die Maschine große Stabilität erhält.

Fig. 36 zeigt einen Querschnitt des Cottonstuhles: Die Nadeln a sind mit Bleien in der Nadelbarre b befestigt, welche auf Stäben b1 c liegt und vom Hebel b1 d e gehoben und gesenkt sowie durch die Verbindung c c1 mit Hebel f f1 vor- und rückwärts bewegt wird. Die Triebwelle g mit ihren Exzentern veranlaßt diese wie überhaupt alle Bewegungen der Stuhlteile, Die Platinen sind geteilt in Kulier- und Verteilungsplatinen i und Abschlagplatinen h; von ersteren werden die Kulierplatinen durch Schwingen k (auf k1 drehbar) und Rößchen l, die Verteilungsplatinen von der untersten der Schienen o verschoben, beide aber auch nach Erfordern von o vor und zurück bewegt; die Abschlagplatinen h bilden einen auf dem Gestell beteiligten Abschlagkamm. Die vordere Kante p der unteren Platinenführungsschiene bildet die Presse, an welche die Nadeln a angedrückt werden. Die Rößchen l, das ist für jede Stuhlableitung ein solches, hängen an Schiebern l1, welche auf einer Gestellschiene sich verschieben und durch Reibung die Röhren m mit den Fadenführern n mit fortnehmen. Die Ware w geht nahezu wagerecht ab nach der Warenrolle w1. Die Mindermaschine hängt über den Stuhlnadeln; sie trägt die gewöhnlichen Deckerpaare q an den Schienen q1 und erhält durch Verbindung mittels Zugstangen und Hebel mit der Exzenterwelle g ihre Bewegung auf und ab sowie vor- und rückwärts. Der Stuhl wird durch Elementarkraft getrieben; eine Vorgelegwelle r mit Räderübertragung auf g gestattet indes auch den zeitweiligen Antrieb durch die Hand. Die Höhe des Stuhles bis zur Ware w beträgt etwa 90–100 cm. Die Welle g enthält die Exzenter sowohl zur Arbeit der Maschenreihenherstellung als auch zu derjenigen des Minderns; die auf ihren Exzentern liegenden Rollen der Triebhebel werden durch Einwirkung einer Zählkette (Regulatorkette) um reichlich den Betrag einer Exzenterbreite verschoben und bewegen in der einen Lage die Teile zum Maschenbilden, in der andern diejenigen zum Mindern.

Die flachen mechanischen Kulierstühle sind zumeist auf die Herstellung regulärer glatter Waren beschränkt geblieben, von Wirkmustern sind nur Rechtsundrechtswaren[945] und speziell Ränderwaren mit Erfolg an flachen Stühlen herzustellen. Zu solchen Breitränderstühlen hat man sowohl die Paget- wie die Cottonstühle umgewandelt, in der Hauptsache zum Wirken der sogenannten regulären Ränder, das sind die rechteckigen Warenstücke, an welche dann Socken oder Strümpfe angewirkt oder welche an Jackenärmel und Hosenbeine angenäht werden. Diese Ränder bilden, aneinanderhängend, bandartige Streifen, deren ein Stuhl bis zu 16 oder 20 nebeneinander wirkt, jedes in der Breite bis zu 200 mm. Die Arbeitsgeschwindigkeit flacher mechanischer Kulierstühle, d.h. die Länge der Maschenreihe, welche ein Stuhl in der Sekunde liefert, beträgt bei mittlerer Breite 300 mm für glatte und etwa 100 mm für Ränderware.

Mechanische Kettenwirkstühle sind seit Anfang des 19. Jahrhunderts zu bauen versucht worden; ihre Umwandlung aus dem Handstühle ist leicht, da der Kulierapparat und die Mindervorrichtung wegfällt. Man verwendet fast ausschließlich flache Stühle; runde werden nur von sehr kleinem Durchmesser nach Art der englischen Rundköpfe mit beweglicher Nadelbarre gebaut, sie wurden früher unter dem Namen Bolognamaschinen für die Herstellung wollener Schläuche zu Schals verwendet und dienen jetzt zur Fabrikation von Glühlichtstrümpfen, die sie als Schläuche von gewöhnlichem Filet wirken.

Von den flachen Stühlen zeigt Fig. 37 die gebräuchlichste Ausführungsform, im Querschnitte gezeichnet: Die ganze Anordnung gleicht derjenigen des Handstuhles und ist aus Fig. 37 leicht zu verstehen, nur die Platinen c sind, unter Wegfall des Hängewerkes, unterhalb der Nadelreihe a auf der Barre g mit Bleien festgeschraubt. Derlei mechanische Kettenstühle werden bis zu 2 m Breite gebaut und zumeist zur Herstellung derjenigen Stoffe verwendet, aus denen man die Stoffhandschuhe, genau nach Art der Glaçéhandschuhe, schneidet und näht. Durch Umänderung der Führung der Kettenfäden hat man es an den flachen Stühlen erreicht, mit zwei Ketten seitlich fortgesetzte Legungen zu machen ohne Umkehrreihen in der Ware zu erhalten: die Kettenmaschinen sind entfernt und die Fäden liegen etwa 150 mm vor der Stuhlnadelreihe frei auf zwei horizontalen Schienen in zwei Reihen untereinander. Drei von unten her in die Fadenreihen eintretende Kämme halten mit ihren Zähnen die Fäden geordnet nebeneinander, verschieben sie in der Breitrichtung zur Bildung von Fadenkreuzen, heben sie über die Stuhlnadeln empor und legen sie auf dieselben. Dabei fällt während jeder Reihenarbeit ein Randfaden der oberen Kette hinab auf die untere Schiene, und am andern Ende wird der Randfaden der unteren Reihe auf die obere Schiene gehoben. Diese beiden Randfäden kehren nun in ihren Legungen um und legen dann wieder die Schleifen bis über die ganze Warenbreite hinweg. Nur die Seitenkanten der Ware erhalten also die Umkehrstellen. Die gebräuchlichste Legung ist diejenige »unter und über eine Nadel«, die Ware wird Milanesware, der Stuhl Milanes- oder auch Diagonalstuhl genannt.

Seit Ende der 1880 er Jahre baut man Kettenstühle von sehr geringer Breite mit Zungennadeln in weiter Teilung auf beweglicher Nadelbarre und einer schwingend auf und ab bewegten Kettenmaschine; man verwendet diese Maschinen in der Weise, daß man mit einigen Kettenfäden Maschenstäbchen je auf denselben Nadeln fortlaufend bildet und in dieselben Schußfäden quer zur Ware gerichtet einlegt. Hierdurch erhalten die Maschenstäbchen Verbindung untereinander und es entstehen schmale bandartige Waren, die sogenannten Zierfadenposamente, welche als Besatz- oder Ausputzartikel Verwendung finden. Man nennt diese Kettenstühle speziell »Häkelmaschinen« oder »Galonmaschinen«.

Besondere Einrichtungen der mechanischen Kettenstühle bestehen ferner noch für das Wirken von Rechtsundrechtsmustern und von Jacquardmustern in Kettenwaren. Im ersteren Falle erhält der Kettenstuhl noch eine zweite Nadelreihe, und beide Reihen sind so angeordnet, daß die Nadeln nahezu lotrecht auf beweglichen Nadelbarren stehen und zumeist Zungennadeln enthalten, um das Pressen zu ersparen. Fig. 38 zeigt diese Anordnung: a und a1 sind die Stuhlnadelreihen, welche von ihren auf den Stäben h und h1 stehenden Tragbarren b b1 abwechselnd gehoben und gesenkt werden, dabei, durch Rollen c c1 geführt, längs der oberen Abschlagkanten der Schienen e e1 auf und ab gleiten und von Kettenmaschinen f die Fäden auf die Nadeln gelegt erhalten. Die Maschinen f sind leicht in größerer Anzahl anzubringen, sie schwingen rechtwinklig gegen die Nadelreihen hin und her und werden durch ein Selbstgetriebe in ihrer Längsrichtung verschoben. Da die einfachste hiermit[946] zu wirkende Rechtsundrechtsware der Fangware sehr ähnlich steht, so nennt man alle derartige Kettenwaren »Fangkettenwaren« und den Stuhl Fangkettenstuhl. Von der zufälligen geschäftlichen Bezeichnung eines aus derlei Ware ehedem gefertigten Gegenstandes (Spencer à la Rachel) hat man auch den Namen Rachel- oder Raschelmaschine für diese Stühle abgeleitet und benennt mit ihm die Stühle auch dann noch, wenn sie mit nur einer Nadelreihe d1 glatte Ware arbeiten, was zu allermeist geschieht.

Die Jacquardmuster in Kettenwaren, welche durch Einwirkung einer gewöhnlichen Jacquardmaschine auf die Lochnadeln der Kettenmaschinen hervorgebracht werden, bestehen entweder aus Oeffnungen, welche an beliebigen Stellen einer dichten Ware gebildet werden, oder aus beliebig verteilten dichten Stellen einer gleichmäßig durchbrochenen Filetware. Die hierzu erforderliche sogenannte Drängvorrichtung ist in Fig. 39 in einer Ausführung für Stühle mit lotrechten Nadeln a dargestellt: Die beiden Kettenmaschinen c hängen mit ihren Lochnadeln b abwärts und zwischen je zweien der letzteren hängt ein steifer Stab d, der von einem Blei e auf der Tragschiene i gehalten wird. Das Blei ist durch eine Schnur f mit einer Platine der über dem Stuhle stehenden Jacquardmaschine verbunden. Diejenigen Platinen, welche beim Ziehen der Jacquardmaschine gehoben werden, ziehen auch ihre Bleie e empor und die Stäbe d aus den Lochnadelreihen b heraus, und die betreffenden Lochnadeln bewirken nun die Legung ihrer Kettenmaschinen, die andern Platinen aber, welche unten stehen bleiben, lassen auch die Stäbe d zwischen b, und diese verdrängen dann beim Legen der Maschine die benachbarten Lochnadeln, verhindern also deren Legung. Andre Ausführungen der Drängvorrichtung halten die Lochnadeln immer in der verdrängten Lage und geben sie vereinzelt beim Ziehen der Jacquardmaschine frei, so daß sie durch ihre Elastizität in die normale Lage zurückkehren und damit eine besondere Legung, unabhängig vom Wege der ganzen Kettenmaschine, vornehmen. Diese Jacquardkettenstühle (auch Tattingmaschinen und Guipürmaschinen genannt) sind nicht zu verwechseln mit denjenigen Kettenstühlen, welche nur ein Jacquardgetriebe enthalten, d.i. eine Treibvorrichtung für die Kettenmaschine, welche unter Benutzung einer Jacquardmaschine eine große Mannigfaltigkeit der Legungen in einer Ware gestattet. Die Arbeitsgeschwindigkeit der Kettenstühle beträgt im Mittel 45 Reihen in der Minute, kann also, je nach der Breite, bis über 1000 mm Reihenlänge in der Sekunde steigen.

Als eine besondere Art der mechanischen Wirkstühle werden die Strickmaschinen betrachtet, welche seit Anfang der 1860 er Jahre in vielen Formen und Anordnungen entstanden, von denen indes die meisten als zur Fabrikation ungeeignet sich erwiesen. Das Wort »Strickmaschine« ist nur durch die Uebersetzung des englischen Namens »Knitting machine« in die deutsche Sprache gekommen und man hat darunter jede solche Wirkmaschine zu verstehen, welche Gebrauchsgegenstände fertig oder doch nahezu fertig zum Gebrauche herstellt, wie das beim Handstricken geschieht. Als vollkommenste Ausführung hat sich die Maschine von Lamb gezeigt (1865 erfunden), welche in den Fig. 4043 gezeichnet ist: dieselbe enthält zwei Reihen von Nadeln a b, in Führungen schräger Platten c, der Nadelbetten, abwechselnd einander gegenüberliegend und nur um die Teilung der Nadeln voneinander entfernt, so daß beide Reihen zusammen eine rund geschlossene Ware liefern können. Die Nadelbetten c sind auf den Gestellwänden c1 befestigt, welche auf einen Tisch oder ein besonderes eisernes Untergestell (Fig. 43) geschraubt werden; die Ware w hängt zwischen beiden Nadelreihen und -betten herab. Die Nadeln a b sind einzeln beweglich, es haben sich deshalb auch nur Zungennadeln als geeignet erwiesen; am unteren Ende ist jede Nadel rechtwinklig abgebogen zu dem aus der Führung emporreichenden Arbeitsfuße d (Fig. 40), an dem sie erfaßt und auf und ab geschoben wird zur Bildung der Maschen. Zu diesem Zwecke liegen dicht über jedem Nadelbett drei Dreiecke o o u (Fig. 4042) so angeordnet, daß das untere Dreieck u zwischen sich und den beiden oberen o eine Führungsrinne bildet, in welche die Arbeitsfüße d hineinreichen, so daß diese beim Verschieben der Dreiecke die Füße d (Fig. 41) und damit die Nadeln am unteren Dreiecke u empor- und an einem der oberen oder Seitendreiecke o wieder hinabschieben (Nadelheber u und Nadelsenker o). Die drei Dreiecke bilden das sogenannte Schloß der Maschine; sie sind an der Schloßplatte e befestigt, und zwar diejenigen o verstellbar durch Schrauben r (Fig. 43), womit die Tiefe des Nadelsenkens und dadurch die Maschenlänge reguliert wird (locker oder fest stricken), und das Dreieck u, verschiebbar, derart, daß ein Bolzen s von ihm durch einen lotrechten Schlitz der[947] Schloßplatte e und einen schrägen Schlitz der darüber liegenden Platte (Schloßschieber) i hindurchreicht. Schiebt man nun den Schloßschieber i (Fig. 41) nach rechts, so drückt derselbe in seinem schrägen Schlitze den Bolzen s und damit das ganze untere oder Mitteldreieck u empor in die Lage Fig. 42, er schließt das Schloß, d.h. die Nadelführungen desselben und die Nadelfüße d werden nun nicht mehr erfaßt, die Nadeln bleiben untätig, wenn das geschlossene Schloß über sie hinweggeführt wird. Schiebt man aber den Schloßschieber i wieder nach links (Fig. 42), so zieht er den Nadelheber u wieder herab in die Lage Fig. 41, er öffnet das Schloß wieder, so daß die Nadeln wieder Maschen arbeiten. Die Federn n begrenzen die tiefste Lage der Zungennadeln, in der ihre Füße d unter den Schloßdreiecken liegen und von letzteren auch bei geöffnetem Schloß nicht erfaßt werden können. Beide Schloßplatten sind an einem Rahmen oder Schlitten f befestigt, welcher in Führungen des Gestelles längs der Nadelreihen hin und her geschoben werden kann, getrieben durch die Stange g und Kurbel h; eine Führungsstange f sichert die Lage des Schlittens während dieser Verschiebung. An letzterer nehmen die Schlösser Teil, und ihre Schieber i flößen am Ende des Hubes an Riegel, welche vor dem Gestell vorstehen und werden dadurch geöffnet und geschlossen. Der Schlitten f verschiebt auch durch einen Mitnehmer l (Fig. 40) den Fadenführer k, welcher den Faden auf die Nadelreihen legt; ebenso führt er zwei Zungenöffner m, bestehend aus scharfkantigen Bogenstücken (Messer) oder aus Bürsten, längs der Nadelreihen derart hin, daß dieselben die Zungen der aufsteigenden Nadeln nach unten zurücklegen und somit die Nadelhaken öffnen zum Einlegen des Fadens. Arbeitet bei den folgenden Schlittenhüben abwechselnd die eine und andre Nadelreihe, so entsteht glatte Rundware, welche durch Einwärtshängen der Randmaschen und Herabziehen der leeren Randnadeln gemindert werden kann (reguläre Längen und Füße der Strümpfe ohne Naht); arbeitet bei jedem Hube nur ein und dieselbe Nadelreihe, so erhält man flache, glatte Ware (benutzt zur Herstellung der Strumpfferse), und arbeiten bei jedem Hube beide Nadelreihen, so bilden sie flache Rechtsundrechtsware, als welche namentlich Fang- und Patentränderware in sehr gleichmäßiger Maschenlage gestrickt wird. Die meisten Strickmaschinen werden mit der Hand betrieben, erst in neuerer Zeit wird Elementarbetrieb allgemeiner verwendet, gewöhnlich liegen dann mehrere Maschinen auf einem Gestell und erhalten ganz gleichmäßigen Antrieb zu ganz gleichen Arbeiten.

Die Schloßeinrichtung der Lambschen Strickmaschine wurde alsbald auch auf englische Rundwirkstühle mit einzeln beweglichen Zungennadeln übertragen, und da schon 1862 der Amerikaner Mac Nary an seiner Maschine mit feststehenden Nadeln ein Verfahren erfunden hatte, Strümpfe rund geschlossen, nahezu ohne Naht herzustellen, welches Verfahren auch auf die Rundstühle mit einzeln beweglichen Nadeln anwendbar war, so entstanden nun aus diesen die Rundstrickmaschinen, welche namentlich in den Vereinigten Staaten von Nordamerika in den verschiedensten Konstruktionen ausgeführt und zur Fabrikation verwendet werden. Sie liefern teils nur glatte Ware, teils haben sie zwei Nadelreihen und können beliebig Ränderware (für die Längen des Strumpfes) oder glatte Ware (für den Fuß) stricken. Die Ferse (Keilferse) und Fußspitze wird als eine Art halbkugelförmige Hülle an die zylindrische Ware in der Weise angestrickt, daß man dafür die Maschine nicht umdrehend, sondern hin und her schwingend arbeiten läßt Im ganzen Strumpfe ist dann nur eine kurze Naht zu machen, welche die halbe Fußspitze mit dem halben Fußumfange verbindet, und welche am besten in Form einer Maschenreihe hergestellt wird, so daß sie nicht sichtbar Ist und der Strumpf wie völlig nahtlos erscheint. Die Arbeitsgeschwindigkeit der runden Strickmaschinen kann gleich derjenigen der Rundkulierstühle angenommen werden; in neuerer Zeit wird sie sogar höher, bis 800 mm Maschenreihe in der Sekunde angegeben – bei rotierender Bewegung; dagegen ist sie bei der schwingenden Bewegung zur Fersen- und Spitzenarbeit nur höchstens ein Fünftel so groß, also 120–160 mm. Die Geschwindigkeit der flachen Lambschen Strickmaschinen kann wegen der geradlinigen unterbrochenen Bewegung diejenige der Rundstühle nicht erreichen, sie ist etwa zu 400 mm anzunehmen; nur in einzelnen besonders günstigen Fällen des Arbeitens glatter Ware mag sie diejenige der Rundstühle erreichen oder überschreiten.

Nähte. Da der Wirker nicht bloß Stoffstücke, wie der Weber, sondern in der Hauptsache fertige Gebrauchsgegenstände fabriziert, so hat er sich mit der Verbindung der Waren, mit dem Zusammennähen der Teile zu Gebrauchsgegenständen zu befassen. Als Nähte können hierbei nur solche verwendet werden, welche gleich der Ware elastisch sind; folglich sind die Nähte: Vorderstich, Rückstich, Steppstich und Doppelsteppstich nur zur Verbindung von Wirkware mit unelastischer Ware, beim sogenannten Besetzen der Jacken, Höfen u.s.w. zu benutzen. Für das Zusammennähen der Wirkwarenteile, selbst ist der Rück- und Steppstich nur in einzelnen Formen und mit besonderer Vorsicht in Verwendung gekommen, mehr dagegen hat sich die überwendliche Naht als dafür geeignet gezeigt, allerdings auch nur mit der Vorsicht, daß man während des Nähens die Waren stark auszieht oder anspannt, um die genügende Länge des Nähfadens in sie einführen zu können und damit ein Zerreißen der Naht beim nachmaligen Gebrauche zu vermeiden. Fig. 44 zeigt einige solche Nahtformen, deren es jedoch eine größere Anzahl gibt, zwischen den Warenstücken I und II: Der Faden a bildet die sogenannte polnische Naht, er verbindet die Randmaschen b, eine Reihe um die andre, miteinander; der Faden d bildet die deutsche Naht, er verbindet die Hälften der beiden Maschen b und c in jedem Warenstück, eine Reihe um die andre, miteinander – beides sind überwendliche Nähte, mit der Hand gearbeitet. Bei e ist die englische Naht, auch Handnaht, gezeichnet; sie ist aus Rück- oder spezieller aus Steppstichen zusammengesetzt, denn der Faden e, welcher nur die äußeren Hälften der Randmaschen beider Waren miteinander verbindet, wird vom Stiche 1 aus um zwei Maschen vorwärts geführt,[948] bis 2, geht dann eine Masche rückwärts, bis 3, wieder zwei vorwärts, 4, eine zurück, 5, u.s.w., bildet also die Lagen des Steppstiches.

Am Wirkstühle selbst werden bisweilen Warenteile in ihren letzten Maschenreihen miteinander verbunden durch das sogenannte Abketteln: Man arbeitet die letzte Reihe des einen Teiles als Langreihe a (Fig. 45), d.h. man bildet sehr lange Maschen durch Zurückschieben des Mühleisens im Handstuhle oder Senken desselben im mechanischen Stuhle, hängt dann diese Langreihe auf die Nadeln des andern Teiles mit den kurzen Maschen und schiebt die letzteren über die Langmaschen hinab, so daß in den langen Maschen die letzten kurzen Reihen b und c beider Teile hängen. Hierauf wird mit einer Häkel- oder Kettelnadel jede folgende Masche durch die vorhergehende gezogen, wie a1 a2 angeben, die letzte Masche aber mit dem Faden f der Ware durchzogen und verkettelt. Bisweilen versteht man unter »Abketteln« auch das Durchnähen einer Maschenreihe mit einer Maschennaht an der Kettelmaschine (s. weiter unten).

Von den Maschinennähten wird fast ausschließlich der Kettenstich oder Kettelstich zum Nähen von Maschenwaren verwendet, allerdings in sehr vielfachen Formen, als einfacher und doppelter, als geteilter zur Nachahmung der überwendlichen Naht, als mehrnädliger zu Kreuz- und andern Zierstichen. Die einfachste, in Fig. 46 gezeichnete Kettenstichform bildet man aus einem Faden a, welcher in Schleifenform durch die Ware und durch die je vorhergehende Masche geschoben wird und somit eine Maschenkette darstellt. Ist dabei die Ware mit ihren Maschen auf die Kammzähne der Nähmaschine (in diesem Falle Kettelmaschine genannt) aufgehängt oder »aufgestoßen« worden, so daß die Nähnadel sie regelmäßig in den einzelnen Maschen durchsticht (Fig. 46), so wird damit die Maschenreihe der Ware auch abgekettelt, und sind zwei Warenstücke mit den Endreihen aufgestoßen, so verbindet der Kettelstich beide, es wird das eine an das andre angekettelt. Die gewöhnlich verwendeten Maschinennähte für das Zusammennähen beliebiger Wirkwarenstücke – nicht wie oben angegeben in den Maschenreihen, sondern an geschnittenen und an regulären Seitenkanten – sind der einfache und der Doppelkettenstich als solcher oder in seiner Umwandlung zur nachgeahmten überwendlichen Naht, letzteres dergestalt, daß die alte Schleife im ganzen oder zur Hälfte über die zu verbindenden Warenkanten hinweggezogen und der von der einen Warenseite her durchstechenden Nadel auf derselben Seite auch zum Durchstechen vorgehalten wird.


Literatur: [1] Willkomm, G., Die Technologie der Wirkerei, 2. Aufl., Leipzig 1887–93. – [2] Willkomm, O., Ware und Wirkmuster an Rundstühlen, Leipzig 1905. – [3] Wirkschule in Limbach in Sachsen, Die Schulprogramme vom Jahre 1870 ab. – [4] Die deutschen Patentschriften über Wirkerei, Klasse 25 a. – [5] Die deutsche Wirkerzeitung in Apolda. – [6] Die Oesterr.-Ungar. Wirker- und Strickerzeitung in Wien.

Willkomm.

Fig. 1., Fig. 2.
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Fig. 45., Fig. 46.
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Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 8 Stuttgart, Leipzig 1910., S. 939-949.
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